Activity Report SMOPP Mai 2015

23.Mai – 6.Juni 2015, Mongolei

Teilnehmer: Thomas Baumann (TB), Raoul Schmid (RS), Corinne Wyder (CW), Reto Gambon (RG), Stefan Essig (SE)

Gäste: Harry Klima (HK), Pascal Gerhard (PG)

1.    NHMHC (Woche 1)

Im Verlauf der letzten Jahre ist es zu einem relevanten Wechsel in den Ärzteteams der Wochenbettstationen gekommen. Ein Grossteil der ursprünglich von SMOPP Ausgebildeten ist aus dem Dienst ausgeschieden, die Mehrzahl davon durch Wechsel an besser bezahlte Arbeitsstellen in Privatkliniken oder in der Industrie. Dieser Umstand stellt nicht nur für uns, sondern für das Gesundheitswesen der Mongolei insgesamt ein grosses Problem dar. Wir haben entsprechend auch gegenüber dem Gesundheitsministerium unsere Besorgnis geäussert.
Es wurden von der mongolischen Expertengruppe einige Ärztinnen neu angelehrt, wie wir feststellen mussten aber weitgehend durch Anleitung  „hands on“ und ohne Vermittlung des theoretischen Grundwissens.  Ihnen haben wir im Rahmen eines „Crash-Basiskurses“ die Wissenslücke schliessen können. Gleichzeitig wurden sie von uns bei der praktischen Arbeit auf den Wochenbettstationen angeleitet. Das vorübergehend möglicherweise partiell unterbrochene Screeningprogramm kann somit wieder aufgenommen werden.

2.    Maternity Hospitals 1-3, UB (Woche 1)

Alle Kliniken wurden besucht, Geräte und Material auf Funktionstüchtigkeit überprüft und HipScreen instruiert. In Hospital 1 und 2 erhielten wir positive Eindrücke und es waren nur kleinere Adjustierungen erforderlich. Hospital 1 hat das Screeningprogramm leider partiell sistiert, nachdem eine Maschine ausgefallen ist und bei der zweiten die Harddisk übervoll, so dass keine Bildspeicherung mehr möglich war. Offenbar hielt sich die Klinik nicht an die Vereinbarungen und hat eine inkompetente private Firma mit der Reparatur beauftragt. Wir hoffen, dass kein bleibender Schaden entstanden ist und wir hier schnell Abhilfe leisten zu können. Hospital 1 wird unter besonderer Beobachtung mit regelmässigen Besuchen durch Tulgaa bleiben.

3.    Remote Hospitals UB (Woche 1)

Im Verlauf des vergangenen Jahres wurden zwei Geburtskliniken von Vororten in UB mit Geräten ausgerüstet und Ärztinnen ausgebildet. Eine dieser Kliniken (…) wurde von unserer Delegation besucht. Soweit beurteilbar wird ein Hüftscreening gemäss unseren Vorgaben durchgeführt.

4.    Refresherkurs am NCMCH

Ein Refresherkurs für ca. 20 Ärztinnen aller genannten Kliniken in UB wurde an 3 Halbtagen durchgeführt, praktische und theoretische Kenntnisse vermittelt.

5.    HipScreen

Von allen Beteilgten, schwergewichtig jedoch von SE und Tulgaa wurden die Belange von HipScreen propagiert. Alle Geräte der besuchten Kliniken sind diesbezüglich überprüft und aufdatiert worden. Die Bedeutung und die zwingende Verpflichtung des Gebrauchs dieses Internettools für die Qualitätssicherung und Datensammlung wurde wiederholt gegenüber allen Anwendern und auch gegenüber der Klinikleitungen und Behörden dargelegt. Diverse Missverständnisse – besonders auch bezüglich Screener-, Experten-, Supervisorenstatus –  und Fehlfunktionen konnten ausgeräumt werden. Die Anwendung von HipScreen ist Teil jedes Ausbildungskurses der SMOPP.

6.    Seminar für Sonographie und Radiologie am NCMCH, 26.5.15

Auf Einladung der Abteilung für Kinderradiologie fand ein Seminar über 6 Stunden statt. Referate unserer Gruppe und der lokalen Kinderradiologen beleuchteten nebst Aspekten der DDH (Sono, Rö, Therapie) auch Röntgen und US am Bewegungsapparat, Abdomen, Thorax etc. Leider wurden die mongolischen Vorträge nicht übersetzt.

7.    Celebration

Zur Feier der ersten 5 Jahre Screening am NCMCH wurden Eltern von behandelten und geheilten Kindern, sowie Ärzte, Medien- und Behördenvertreter geladen. Eine stimmungsvolle Feier gipfelte in Tanz- und Gesangsvorführungen der Kinder und Dankesreden der Eltern. Wir wurden mit traditionellen Gewändern geehrt und mussten zum Dank auf der Bühne vorsingen – das Buurebüebli musste „den Kopf herhalten“…

Eine Reportage des Anlasses wurde noch gleichentags in der Nachrichtensenders des Mongolischen TV gesendet.

8.    orthopädische Therapie am NCMCH (HK, PG)

Nach Ankunft am Sonntag, den 24.05.2015, beginnen wir (HK, PG) bereits am Montag mit einer ganztägigen, intensiven Sprechstunde, in der wir über 30 Kinder klinisch wie sonographisch und teilweise radiologisch begutachten und die Indikationen stellen für die Therapie. Gleichzeitig erstellen wir einen Therapie und  Operationsplan für die nächsten beiden Wochen. Es erfolgt zusätzlich eine Einweisung und Schulung der radiologischen Abteilung bezüglich des Hüftröntgens bei Kleinkindern.

Am Dienstag nehmen wir am Ärzterapport und der folgenden Weiterbildungsveranstaltung mit eigenen Vorträgen teil. Am späteren Nachmittag sehen wir präoperativ unsere Patienten, die am Folgetag operiert werden sollen, und beginnen mehrere Extensionstherapien auf der chirurgischen Abteilung. Wir instruieren die lokalen Kinderchirurgen in der Technik der Längs- sowie Overhead-Extension und erklären genau den therapeutischen Unterschied und Ablauf.

Während den nächsten acht Arbeitstagen können wir die chirurgischen Eingriffe und konservativen therapeutischen Massnahmen, bei Hüftluxationen von Kindern bis zum vierten Lebensjahr, den lokalen Kinderchirurgen beibringen. Adiyasuren Jamiyanjav (kurz Adi) und Gankhuyag Vaanchig (kurz Gana) erweisen sich als hoch motivierte Kinderchirurgen mit grossem Interesse an der operativen wie auch konservativen Therapie der Hüftluxation. Insgesamt entsteht am Ende des Aufenthaltes folgende Bilanz: neun operativ reponierte Hüftluxationen, fünf geschlossen reponierte Hüften, neun Fettweisgips-Anlagen, neun Längsextensionen und drei Overhead-Extensionstherapien. Hinzu kommen täglich drei bis acht ambulante Vorstellungen von Patienten mit unterschiedlichen orthopädischen Krankheitsbildern, bei denen wir oft direkt eine Therapie beginnen oder Therapievorschläge machen. Häufig fehlt jedoch die Operationskapazität für eine komplette Behandlung. Ebenfalls ambulant werden täglich Gipsanlagen durchgeführt. Am Montag, den 01.06.2015, erfolgt zudem die operative Revision einer voroperierten Tibiaknochenzyste. Parallel zum Operationsprogramm erfolgt natürlich die Betreuung und das Visitieren der stationären Patienten auf einer Morgen- und einer Nachmittagsvisite.

Am Dienstag, den 02.06.2015, wird für die gesamte kinderchirurgische Abteilung eine zweistündige theoretische Fortbildung in der konservativen und operativen Therapie der Hüftdysplasie durchgeführt. Die erlernten Fähigkeiten sollten die selbstständige Durchführung durch Adi und Gana ab sofort ermöglichen. Für Rückfragen und Therapieindikationen wurde eine Zusammenarbeit via Mail vereinbart.

9. weitere Vernetzung

der Kontakt und Erfahrungsaustausch zu den auf der Kinderchirurgie NCMCH v.a. urologisch tätigen Ärzte (Hermann Winiker, Maya Horst, Sämi … und …) wurde gepflegt und bei einem gemeinsamen Abendessen gefestigt. „Unsere“ Orthopäden erhielten dabei wichtige Tipps und Hintergrundinformationen für ihre Arbeit.

Mit Gero Drack, SST Mitglied des Vorstandes, fand ebenfalls ein Informationsaustausch statt.

10. Behörden

Am 29.5.15 wurden TB und RS vom CH-Generalkonsul in der Mongolei, Markus Waldvogel und der lokalen Repräsentantin, Zaya… freundlich empfangen. Beim informellen Treffen wurden die Vertreter des Konsulates über unser Projekt und die Ziele orientiert. Es wurden Möglichkeiten der Unterstützung gegenüber den Mongolischen Gesundheitsbehörden und im Bezug auf die erleichterte Einfuhr unseres Materials diskutiert.
Gleichentags war ein Treffen mit der stellvertretenden Gesundheitsministerin anberaumt. Wegen dringlicher Geschäfte war die Ministerin verhindert, so dass wir (TB, RS, Bayalag und Dr. Enkthur, Direktor NCMCH) vom Minister für …, Dr. Bayar, freundlich empfangen wurden. Der Minister schien sich schnell der anstehenden Probleme und Bedürfnisse klar zu sein und stellte ein Memorandum of Understanding in Aussicht. Ein solches wurde von unserer Seite entworfen und konnte, für alle unerwartet schnell, am 5.6.15 bereits feierlich unterzeichnet werden. Wir versprechen uns davon die obgenannten Erleichterungen, v.a. aber die Festigung der Position unserer Mongolischen Exponenten mit der Schaffung einer „Hüftkommission“ am NCMCH, Klärung der Pflichten und der „Eigentumsverhältnisse“.

11. Besuch und Ausbildung der südlichen Aimags in Dalandzadgad

Eine Delegation (TB, RS, Bayalag, Suvdaa) besuchte von 1.6. bis 5.6.15 die Hauptstadt des Aimags Süd-Gobi. 23 Ärztinnen und Ärzte der Aimags Umungovi, Dornogovi, Dundgovi und Govisumber, sowie eines Intersum (Referenzklinik einiger Sums – entsprechend Gemeinden) wurden im Rahmen eines Basiskurses theoretisch und praktisch angeleitet. Es wurde konsequent die für Screener modifizierte und vereinfachte Methode mit Typ A-D vermittelt. Die Anwendung von HipScreen war Teil der Instruktion. In den genannten Aimag-Hospitals sind Geräte bereits vorhanden und es soll baldmöglichst mit dem Screening begonnen werden. Die Vertreter des Inter-Sum Hospitals erkundigen sich, ob auch für sie ein Gerät bereit gestellt werden könnte. Für die ca. 350 Neugeborenen pro Jahr sei der Anfahrtsweg von über 200km nicht zumutbar. Dem Antrag kann momentan leider keine Priorität zugemessen werden. Ev. Lösung mit einem portablen US-Gerät? (Abklärung durch RS)

12. Besuch und Ausbildung der westlichen Aimags in Ulaangom.

Eine Delegation mit CW und RG sowie Tulgaa als Uebersetzer weilte vom 1.6. – 5.6.2015 in Ulaangom, wo 13 AerztInnen der Western Aimags (Gobi-Altai, Uvs, Khovd, Bayan-Ulgii und Zavkhan) in einem Basic Kurs ( 7 Teilnehmer) und Refresher Kurs ( 6 Teilnehmer) theoretisch und praktisch ausgebildet wurden. Bei den meisten Teilnehmern im Expert-Kurs, von denen einige bereits zum dritten mal an einem unserer Kurse teilnahmen, zeigte sich ein ueberraschend und erfreulich hoher Ausbildungsstand sowohl im theoretischen, insbesondere aber im praktischen Bereich. Hier zeigt sich die Erfahrung von über 7000 Untersuchungen, die im letzten Jahr alleine in diesen Aimags durchgeführt wurden. Es wurden rund 360 Behandlungen durchgeführt und 6 Kinder ins MCH überwiesen. Alle wurden mit dem vereinfachten neuen Klassifikationsschema geschult und die konsequente

Anwendung von HIP-Screen durch Tulgaa instruiert und geübt, so dass wir zuversichtlich sind, dass das gelernte nun auch angewendet wird. Es wurden auch Problemfälle besprochen und die adäquate Röntgentechnik der Hüftgelenke theoretisch und praktisch aufgezeigt. Dem Ziel, die Ausbildung der Screeners den lokalen Experts übertragen zu können, sind wir in den Western Aimags schon recht nahe.

13. Besuch bei Bayasgalant (www.bayasgalant.ch)

Seit Jahren geplant und angekündigt, fand am 5.6.15 endlich der Besuch durch TB und RS bei der aus der Schweiz geführten und finanzierten Kinder-Tagesstätte für 120 Kinder vom Kleinkind bis zum College-Absolventen statt. Die lokale Leiterin Zaya, perfekt deutsch sprechend, zeigte uns die Räumlichkeiten und gewährte Einblick in den Tagesablauf. Viele glückliche Kinder haben uns begrüsst. Aus der eigenen Küche wurden wir mit vegetarischem Gemüsereis kulinarisch verwöhnt. Wir sind vom Projekt und der Umsetzung jetzt erst Recht beeindruckt.

In einem medizinischen Fall (Klumpfüsse) konnten wir ein erstes Mal behilflich sein, das Mädchen wurde unseren Orthopäden zur Beurteilung vorgestellt. Ein weiteres mögliches Zusammengehen wäre insofern vorstellbar, dass der Auftrag zur Verbesserung und Reinigung unserer gebrauchten Tübinger-Schienen oder die Mithilfe bei der Anfertigung der Lagerungsschalen (zB Überzug nähen?) an die Organisation übergeben wird. Sie ist immer auf der Suche nach Beschäftigung für die teils arbeitslosen Mütter der Kinder.

14. Material

Soweit wir beurteilen konnten, sind die 2 übersandten US-Geräte nach wochenlanger Blockade durch die Zollbehörden beim Empfänger (Bayalag) angekommen. Diese wird über die Zuteilung gemäss Priorität entscheiden.

Ca. 150 Tübinger-Schienen, darunter 100 fabrikneu und von der FA OttoBock zum Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt, haben in unserem Gepäck die Mongolei erreicht, genauso wie chirurgisches Material für Operationen, Verbände, Overhead-Extensionen. Das zulässig maximale Gepäckgewicht wurde damit exakt ausgenützt.

15. Homepage

Die unter der Regie von CW neu entworfene Website fand ihre recht anwenderfreundliche Anwendung durch die täglichen Blog-Einträge mit den wunderbaren Illustrationen aller.