What a day

Was für ein Tag, so viele Eindrücke und Bilder an nur einem Tag kompensieren vollumfänglich die vielen Stunden im Spital. Auch diese waren selbstverständlich voller Eindrücke und auch Emotionen. Wir alle 3 sind gerührt, wie der Kurs Anklang fand, wie die Teilnehmer sich voll Enthusiasmus und Motivation verabschiedeten und wie sie die Effektivität des Hüftscreenings erkannt haben.  Traurig aber sicherlich hilfreich war die Geschichte dieses siebenjährigen Mädchens.  Die Teilnehmer und auch der Chef konnten so sehen, wie solche traurigen Schicksale enden und was sie hoffentlich mit dem Screening verhindern können. 
Nach einer etwas späten Chinggis Vodka Nacht in der wir viel über das Projekt diskutierten und mit neue Ideen aufkamen, wurden wir heute, nach dem obligaten harten Ei zum Zmorge, von der Gesundheitsministerin empfangen. Beeindruckt von dem Prunk, der hier anscheinend einen hohen Stellenwert hat, warteten wir hinter einem überdimensionalen Verhandlungstisch, welcher in weiter Distanz zu dem noch prunkvolleren Pult und vorallem Bürostuhl, stand. Im Gegensatz zum vorigen Minister, der – wie uns Bayalag nun erstmals erzählt- die gesponserte Ultraschallmaschine wegsperrte ist die neue Gesundheitsministerin sehr kooperativ, scheint die Wichtigkeit dieses Screenings zu verstehen und hat sich bereit erklärt, sobald als möglich Öffentlichkeitsinformationsanlässe zu organisieren. Ihre Idee wäre, dass die Socialhealthworkers, die auch zu den Leuten aufs Land gehen, das Volk über das Screeningprogramm aber v.a. auch über die schlechten Auswirkungen des traditionellen „Swaddeling“ bei unreifen Hüften informieren. Ev wäre es notwendig, da auch die entfernteste Jurte einen Fernseh hat- welcher wenn genügend Solarstrom generiert wird, auch läuft- eine repetitive Informationssendung auszustrahlen.​Nach einem offiziellen Foto, welches anscheinend im Geschichtsbuch von Bayan-Ulgji erscheinen soll, waren wir ganz „chribelig“  und freuten uns auf den Ausflug. Die mongolische Organisationsweise spannte uns aber noch etwas auf die Folter und Bayalag hat auf unser Drängen nur noch geschmunzelt und einmal mehr gesagt: „in Mongolia everything is tentative…“. Endlich, nach dem Picknickeinkauf im Supermarkt, fuhren wir Richtung Südosten zum Tolba-Nuur See. Kaum hatten wir die letzten maroden Betonhäuschen mit ihren farbigen Wellblachdächern verlassen, erstreckt sich eine atemberaubende Weite. Das heute etwas wechselhafte Wetter lässt die Landschaft alle paar Minuten anders aussehen. Die durch die schwarzen Wolken durchdrückenden Sonnenstrahlen bewirken dramatische Szenen. Wenn wir aus dem russischen nicht zu tötenden Geländewagen aussteigen, nagt sich ein bissiger Wind sogar durch unsere modernen Windstopper und ich frage mich, wie die Mongolen oder hier die Kasachen mit ihren ärmlichen Kleider im Winter überhaupt nach draussen gehen können. 
Bald schon können wir es glauben, dass in der Mongolei pro Einwohner ca 16 Herdetiere kommen. Es scheint, dass wir von diesen 48 Millionen Herdetiere einen  grossen Anteil schon sehen. Riesige Herden von Kaschmirziegen, Yaks, Kühen, Schafen werden von flinken mongolischen Reiter durch die karge Landschaft getrieben.​Beim Wandern über die steinigen Flächen findet man aber auch viele Opfer der Steppe. Anscheinend sind es neben der Kälte vor allem Wölfe und Füchse, die die Herdenmenge jeweils mindern und die knöchernen Reste liegen lassen. Das Skelett und v.a. der Skull, der von den Menschen geschlachteten Tiere wird aus Respekt auf die Hügel gebracht. 
Hinter den ersten Hügeln tauchen plötzlich die in die Wolken ragenden Schneeberge des Altaj Gebirges und dann auch der grünblau schimmernde Tolba-Nuur auf. Wir können uns fast nicht lösen von dem Anblick aber unsere Führer- der Chefarzt der Pädiatrie und unser treuer Fahrer- möchten uns zu einem idyllisch stehenden Gehr, direkt am Wasser führen. Obwohl anscheinend niemand die Familie kennt, werden wir- wie es zur Tradition hier gehört-  herzlich mit salzigem Milchtee  (…)- als Alternative hätte es vergorene Stutenmilch oder frischen Yoghurt aus einem nicht sehr anmächeligen Topf gegeben-, gebratenem und getrocknetem Käse (..) sowie einer Art Windbeutelbrote empfangen. Zum Glück ermahnt mich Bayalag nochmals, dass die Frauen sich links, in diesen viel geräumigeren, als von aussen angenommen, Jurten, setzen dürfen. Die Wände sind mit  bunten Teppichen geschmückt und isoliert und in der Mitte brennt der Blechofen mit dem kochenden Tee obendrauf. Die Familie teilen sich die drei 80cm breiten Stahlbetten und schlafen alle im selben Raum.Vor der Jurte meckert die grosse Kaschmirziegenherde, von welcher 3 Zicklein separat in einem gemauerten Verschlag untergebracht sind und sich lautstark bemerkbar machen müssen. Für ein Kilogramm gekämmte Kaschmirwolle bekommt die Familie auf dem Markt 80000.- Tugrik, was ca. 40sFr entspricht. (Als Vergleich: im Restaurant kostet ein normales Menue um die 3 sFr, eine Übernachtung im Hotel mit Frühstück ca. 18sFr- wobei in UB alles natürlich ein mehrfaches kostet) Der Pädiatrie Chefarzt erzählt, wie er hier bei diesem See aufgewachsen ist und wie er als junger Arzt mit einem Rucksack gefüllt mit Eis und Impfungen von einer Jurte zur anderen wanderte, um die Kinder zu impfen.
Unser russisches Geländeauto fährt problemlos weiter quer über die Steppe bis auf eine Halbinsel, auf welcher die Ärzte aus Khovd und Gobi-Altaji schon auf uns warten. Es wird ein schöner Kasachenteppich ausgelegt und der Chef köpft sofort eine Vodkaflasche, während alle ihre mitgebrachten „Leckereien“ (getrocknetes Pferdefleisch..etc) ausbreiten und anbieten. Obwohl der Vodka und der für die Frauen mitgebrachte Pflaumenwein etwas wärmt, lässt uns der bissige Wind nicht lange gemütlich verweilen.Nach der obligaten Gruppenfoto verabschieden wir uns von den sehr netten und motivierten Khovd und Gobi-Altaji Leuten und steigen nach hunderten von Fotos auch wieder ins Auto. Unser Ornithologe Reto möchte aber mit seiner Kamera mit Tele noch schöne Fotos der Kraniche, Rostgänse, Adler und was sonst noch so alles rumfliegt machen, also gibt es bald einen nächsten Stopp. Diese Anmut, wie die Vögel in dem starken Wind segeln sowie ihr Rufen und Kreischen ist tatsächlich so faszinierend, dass auch wir weiter knipsen und knipsen. Wir sind alle froh, dass das Zeitalter des Filmeeinlegens vom Digitalfotografieren abgelöst wurde. Unser Fahrer beginnt plötzlich allen herumliegenden verdorrten Pferde- Yak- und sonstigen Dung auf einem Haufen zu sammeln und entfacht mit dem Vodka ein wunderbar wärmendes Feuer. Bei einem Bier trotzen wir dem einsetzenden Regen und geniessen diesen unglaublichen Ort.​Glücklich aber müde lassen wir uns in den Powerschlaf schütteln bis unsere Führer noch einen Halt bei einer Frischwasserquelle machen. Auch hier ist es wie im Film, die Yaks schlendern durch das gelbe Gras und wie bestellt kommt ein mongolischer Reiter angeprescht, um an der Quelle zu trinken.Auch zurück in Ulgji ist der Ausflug noch nicht beendet und wir werden bei dramatischem Abend-Regenwetter-Licht durch den Schwarzmarkt geführt. Erstmals werden wir beschimpft als wir die Billiardspielenden Männer fotografieren möchten, wo doch das Glücksspiel im Islam verboten ist.In der „Metzgergasse“ realisieren wir, wieso über der Stadt so viele Milane kreisen. Sie stürzen sich hier gierig und ohne Scheu, knapp an unseren Köpfen vorbeifliegend, auf die rausgeworfenen Resten, um im gleichen Atemzug gerade wieder in die Höhe zu kreisen. 
Dieser Tag, war ein unglaublich reicher Abschluss und wir nehmen fast ein bisschen wehmütig Abschied von dieser Stadt, die uns am Anfang so kühl und düster empfangen hat.